Forschungsprojekte

Die Initiative für sichere Straßen engagiert sich seit vielen Jahren in verschiedenen Forschungsprojekten rund um die Themen Verkehrssicherheit und Verkehrswende. Gemeinsam mit renommierten Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie mit Unterstützung in Form einer Förderung durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND wurde verschiedenen Fragestellungen rund um die Erforschung von Gefahrenstellen im Straßenverkehr nachgegangen. Dabei konnten diverse anerkannte und ausgezeichnete Ergebnisse erzielt werden.

Für das Projekt FeGiS+ erhielt die Initiative für sichere Straßen stellvertretend für das Projektkonsortium  im Oktober 2022 von der Europäischen Union den „Excellence in Road Safety Award“ in der Kategorie „Technology – beste Anwendung der Technologie für die Verkehrssicherheit“ sowie zusätzlich den Jacques-Barrot-Publikums-Preis.

Nachfolgend stellen wir Ihnen unsere aktuellen und vergangenen Forschungsprojekte im Einzelnen vor.

FeGiS

Früherkennung von Gefahrenstellen im Straßenverkehr

Gefahrenstellen

Das Gefahrenpotential auf deutschen Straßen ist hoch, wie Unfallstatistiken regelmäßig belegen. Hohes Verkehrsaufkommen, Stress, Zeitdruck und zunehmend extremere Wettereinflüsse sind nur einige Ursachen. An dieser Stelle setzt das Projekt FeGiS mit der Zielsetzung an, Gefahren im Straßenverkehr frühzeitig zu erkennen und Unfallrisiken zu reduzieren.

Dazu wurden im Rahmen einer Machbarkeitsstudie bestehende Gefahrenindikatoren, wie z.B. amtliche Unfalldaten, mit Meldungen von Verkehrsteilnehmern angereichert. Auf diesem Weg konnten auch potentielle Gefahrenpunkte, die noch nicht unfallauffällig waren, identifiziert werden und bei der Früherkennung helfen. In der Testphase wurden zunächst exemplarisch die Erfahrungen und Daten in den Städteregionen Aachen und Bonn untersucht.

Im Mai 2018 wurden die App und Webseite gefahrenstellen.de gelauncht. Auf diesem Weg war es Verkehrsteilnehmern schnell und einfach möglich, eigene Erfahrungen zu Gefahrenbereichen auf einer Plattform öffentlich zu teilen. Insgesamt konnte das Projekt bis Ende November 2018 in nur 6 Monaten rund 3.500 Gefahrenmeldungen für 1.500 unterschiedliche Gefahrenstellen sammeln, davon etwa zwei Drittel in den Testregionen Aachen und Bonn. Der folgende Abgleich der eingegangenen Meldungen mit den offiziellen Unfallhäufungsstellen sowie bekannten Gefahrenstellen ergab eine deutliche Übereinstimmung, es gelang aber darüber hinaus auch, neue kritische Bereiche zu identifizieren.

Durch weitergehende Analysen und Ortsbegehungen ließen sich die Meldungen der Verkehrsteilnehmer definitiv als wichtiger zusätzlicher Einflussfaktor validieren. Zudem zeigte sich schnell der Vorteil, dass durch diese fortwährend eingehenden Gefahrenmeldungen eine dynamische Daten-Komponente generiert wird.

Ein weiterer wichtiger Zusatzeffekt des Forschungsprojektes FeGiS liegt in der Transparenz und breiten Bürgerpartizipation. Das stetige Feedback hat veranschaulicht, wie sehr die Verkehrsteilnehmer die Möglichkeit schätzen, sich zum Thema Verkehrssicherheit selbst aktiv einzubringen.

Die Initiative für sichere Straßen hat in dieser Machbarkeitsstudie als Verbundkoordinator mit dem Institut für Straßenwesen der RWTH Aachen zusammengearbeitet.

FeGiS+

Früherkennung von Gefahrenstellen im Straßenverkehr durch Smart Data

Gefahrenscore Aachen

Bis zum Jahr 2010 sank die Anzahl der Verkehrstoten. Seitdem steigt die Zahl aller Unfälle, abgesehen von den Lockdown-Corona-Jahren, jedoch wieder an. Erhöhtes Verkehrsaufkommen, Alltagsstress oder Ablenkung sind sicherlich nur einige der Ursachen hierfür. Dadurch werden Gefahrensituationen von Verkehrsteilnehmern oftmals nicht richtig eingeschätzt oder nicht rechtzeitig erkannt. Es besteht demnach weiterhin ein hoher Handlungsbedarf, in der Verkehrssicherheitsarbeit neue Impulse zu setzen.

Im Forschungsprojekt FeGiS+ wurde der Ansatz der erfolgreichen FeGiS-Machbarkeitsstudie erweitert und die Ergebnisse in eine digitale Verkehrssicherheitskarte überführt. So können Risiken und Gefahrenpotentiale im Straßenverkehr bereits frühzeitig identifiziert werden,  um Verkehrsunfälle nach Möglichkeit zu vermeiden. Dies kann zum einen dadurch erfolgen, dass Gefahrenstellen entsprechend (bspw. baulich) entschärft werden, und zum anderen Verkehrsteilnehmer besser vor gefährlichen Bereichen gewarnt werden, um ihr Verhalten bzw. ihre Fahrweise anpassen zu können.

Dies wurde insbesondere über eine verbesserte Nutzung bestehender sicherheitsrelevanter Daten und die Erschließung weiterer relevanter Datenquellen erreicht.

Bei FeGiS+ wurde eine Methodik entwickelt, die amtliche Unfalldaten der Behörden, individuelle Gefahrenmeldungen von Verkehrsteilnehmern,  sicherheitskritische Fahrmanöver (z.B. auch Beinahe-Unfälle) und auch Daten aus weiteren Quellen analysiert, inhaltlich und technisch aufbereitet und dann als Smart Data ausgespielt. Durch Zusammenführung und Analyse all dieser Daten können Gefahrenstellen frühzeitig identifiziert und über einen eigens entwickelten „Gefahrenscore“ gewichtet werden, der dann anschließend auf verschiedensten Ebenen für die Verkehrssicherheitsarbeit genutzt werden kann.

Neben der „Initiative für sichere Straßen“ als Verbundkoordinator waren an dem Projekt die Partner „Institut für Straßenwesen an der RWTH Aachen“, die „Deutsche Hochschule der Polizei – Fachgebiet Verkehrswissenschaft & Verkehrspsychologie“ sowie „Planung Transport Verkehr GmbH“ (PTV) und „DTV-Verkehrsconsult GmbH“ beteiligt. Ebenso haben sich die Polizei Bremen und die Stadt Aachen als assoziierte Partner in FeGiS+ mit eingebracht.

HarMobi

Harmonizing Mobility: Wie Verkehrsdaten das Miteinander verschiedener Verkehrsteilnehmer und eine sichere Verkehrsinfrastruktur fördern können

HarMobi

Aktuelle Statistiken zeigen ein erhöhtes Unfallrisiko für schwächere Verkehrsteilnehmer. Grund dafür ist einerseits das geänderte Mobilitätsverhalten, denn Radfahrer und E-Tretroller-Fahrer sehen sich zunehmend im Konflikt mit dem Kfz-Verkehr. Andererseits existieren kaum Daten, die als Indizien für gefährliche Situationen dienen (wie etwa so genannte Beinahe-Unfälle). Diese Lage beeinträchtigt das Hervorbringen neuer Ansätze, um faktenbasierte Vorschläge für eine sichere Verkehrsinfrastruktur geben zu können.

Das Forschungsprojekt „HarMobi“ möchte zur Analyse von Konflikten zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern eine neue Bewertungsgrundlage liefern. Dabei sollen Daten von Sensoren aus den unterschiedlichen Verkehrsmitteln, also vom Fahrrad, dem E-Roller oder dem Auto, genutzt und anonym ausgewertet werden. Auf diese Weise kann das Verhalten der Verkehrsteilnehmer sowie der Einfluss der sie umgebenden Infrastruktur erforscht werden.

Sich daraus ergebende Muster und Auffälligkeiten, insbesondere hinsichtlich kritischer Situationen zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern, werden in ein lernendes System extrahiert, um deren Sicherheitsauswirkungen für zukünftige Verkehrsentwicklungen und Planungen besser einschätzen zu können.

Im HarMobi Forschungsprojekt wird eine neue Methodik zur Registrierung von sicherheitskritischen Ereignissen zwischen den beteiligten Verkehrsteilnehmern entwickelt. Durch Überlagerung dieser Informationen mit Daten zur Routenwahl und zur Infrastruktur sowie weiteren für die Verkehrssicherheit relevanten Fakten werden Konflikte und mögliche Einflussgrößen analysiert.

Das Projekt wird in der Fokusregion Aachen umgesetzt, gleichzeitig wird jedoch auch die Allgemeingültigkeit der Erkenntnisse untersucht und in anderen Regionen testweise angewandt.

Projektkoordinator ist RWTH Aachen University (Institut für Straßenwesen; Lehrstuhl Informatik i11). Neben der Initiative für sichere Straßen sind die Velocity Mobility GmbH und die Medizinische Hochschule Hannover (MHH); Verkehrsunfallforschung, beteiligt. Darüber hinaus bringt sich ein Netzwerk aus assoziierten Partnern in verschiedener Art und Weise in Forschung für HarMobi mit ein: ASEAG Stadtwerke Aachen, Bridgestone Mobility Solutions, HUK-Coburg Versicherung, Stadt Königs Wusterhausen, Stadt Aachen, Technische Universität Chemnitz, Institut für Psychologie, Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), VOI Technology Germany.

Liste bisheriger Partner in Forschungsprojekten der Initiative für sichere Straßen

RWTH Aachen University (Institut für Straßenwesen; Lehrstuhl Informatik i11), Aachen

Deutsche Hochschule der Polizei, Münster

PTV Planung Transport Verkehr GmbH, Karlsruhe

DTV Verkehrsconsult GmbH, Aachen

Velocity Mobility GmbH, Aachen

Medizinische Hochschule Hannover; Verkehrsunfallforschung